Gefälschte Medikamente sind ein Milliardengeschäft im Internet. Von der Anonymität geschützt, verwenden skrupellose Fälscherbanden das Internet als Umschlagplatz für die gefälschte Ware: Produkte, die unter schlimmsten hygienischen Bedingungen hergestellt werden, mit Staub, Straßenfarbe, Giften und Abfall verunreinigt sind und dann über illegale Websites als vermeintlich sichere Arzneimittel in die ganze Welt verkauft werden.
95 Prozent der untersuchten Medikamente gefälscht
Es ist in Österreich illegal, rezeptpflichtige Arzneimittel online zu verkaufen. Trotzdem gelingt es den Fälscherbanden mit gefinkelten Tricks, Kundinnen und Kunden auf ihre Websites zu locken und ihnen gefälschte Ware zu zum Teil horrenden Preisen unterzujubeln. „Die AGES Medizinmarktaufsicht, die dem Gesundheitsministerium untersteht, hat in den letzten Jahren mehr als 4.000 Verdachtsproben analysiert. 95 Prozent aller dieser getesteten Proben waren gefälschte oder illegale Produkte, oftmals mit anderen Inhaltsstoffen als deklariert und in falscher Dosierung“, erklärt Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser die Gefahr gefälschter Medikamente.
Bei der von Interpol, den Zoll- und Gesundheitsbehörden akkordierten Zugriffsaktion Pangea VII im Mai 2014 wurden alleine 12.000 solcher illegaler Websites aus dem Verkehr gezogen und 10 Millionen Arzneimittelfälschungen sichergestellt. „Gefälschte Arzneimittel gefährden nicht nur die Gesundheit jeder einzelnen Konsumentin und jedes einzelnen Konsumenten, sondern finanzieren kriminelle Machenschaften! Und dieser Form der Kriminalität sagen wir mit dem Bundeskriminalamt in enger Kooperation mit dem Gesundheitsministerium, der Apothekerkammer sowie der internationalen Organisation Interpol entschieden den Kampf an“, so Innenministerin Mag.a Johanna Mikl-Leitner.
In Österreich laufen die Ermittlungen gegen diese Form der organisierten Kriminalität im Referat „Integrity in Sports Unit“ im Bundeskriminalamt zusammen, die für die Bereiche Doping, Arzneimittel und Match Fixing (Wettbetrug) zuständig sind. In diesem Referat wurde 2014 auch die Sonderkommission „Vigorali“ geführt, der bis heute größte Arzneimittelfälschungsfall in Österreich.
Neue Umfrage: Wenig Wissen über rechtliche Lage und Medikamente
Jede/r kennt die aggressiven Angebote per Mail von Potenzmitteln, Schlankheitsprodukten oder Muskelaufbaupräparaten. Meist handelt es sich dabei um rezeptpflichtige Arzneimittel, deren online-Verkauf illegal ist. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Fälschungen. Eine repräsentative Umfrage unter 1000 Personen im April und Mai 2015 zeigt, dass die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher (48 Prozent) nicht weiß, dass der Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten im Internet verboten ist. Mag. pharm. Max Wellan, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer dazu: „Wer nicht über die Illegalität Bescheid weiß, kann sich schwer vor Fälschungen schützen. Mit dem Kauf von rezeptpflichtigen Medikamenten aus dem Internet werden kriminelle Netzwerke unterstützt und die Gesundheit gefährdet.“ Die Apothekerschaft setzt sich vehement für mehr Arzneimittelsicherheit ein und sieht es als ihre Aufgabe, die online-Kundinnen und –Kunden auf das gesundheitliche Risiko, das von Arzneimittelfälschungen ausgeht, zu warnen. Was rezeptpflichtig ist und was nicht, ist jedoch für viele Kundinnen und Kunden nicht klar. So gaben 31 Prozent der Befragten an, das Potenzmittel Viagra sei rezeptfrei. Gar 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher glauben, testosteronhältige Arzneimittel (hormonelle Muskelaufbaupräparate) seien erlaubterweise rezeptfrei im Internet zu bestellen. Richtig ist vielmehr, dass beide Produktgruppen rezeptpflichtig sind, und nur illegal im Internet erhältlich sind.
Sichere Arzneimittel aus der Apotheke
Sichere und geprüfte Arzneimittel erhält man über die Apotheke. Aufgrund der strengen Auflagen, Sicherheitskontrollen und der engmaschigen Lieferkette haben Fälscherbanden in den öffentlichen Apotheken keine Chance. Ab 25. Juni 2015 dürfen österreichische Apotheken außerdem rezeptfreie Medikamente über das Internet verkaufen. „Die hohen Qualitätsvorgaben und der Versand ausschließlich über Apotheken schützen die Konsumentinnen und Konsumenten vor Arzneimittelfälschungen und erhöhen die Arzneimittelsicherheit“, erklärt Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser.
Rezeptpflichtige Arzneimittel erhält man weiterhin nur vor Ort in einer Apotheke durch Vorlage eines von einer Ärztin bzw. von einem Arzt ausgestellten Rezeptes. Mögen die Begehrlichkeiten noch so groß sein, ohne Ärztin/Arzt und Apothekerin/Apotheker an ein Medikament zu kommen, so gefährdet man damit das eigene Leben und die eigene Gesundheit. Selbst Motive wie Bequemlichkeit oder Anonymität dürfen nicht rechtfertigen, kriminelle Netzwerke zu unterstützen.
Auf der sicheren Seite
Eines ist fix: Rezeptpflichtige Arzneimittel aus dem Internet sind in Österreich illegal. Angesicht der hohen Sicherheit von Arzneimitteln in den heimischen Apotheken rechnen viele Österreicherinnen und Österreicher aber nicht mit gefälschten Medikamenten aus dem Internet. Deshalb startet die Informationskampagne: „Auf der sicheren Seite“.
Die Informationskampagne macht durch intensive Onlinewerbung auf die Thematik aufmerksam. Zusätzlich finden alle Userinnen und User sämtliche Informationen zum Thema Arzneimittelfälschungen auf der Webseite www.auf-der-sicheren-seite.at: Von der rechtlichen Situation in Österreich bis hin zu ständig neuen News zu den polizeilichen Aufgriffen von Fälschungen. Zusätzlich informiert der Apothekerverband mit seiner Facebook-Kampagne „Fakes don‘t care“ über die Problematik von gefälschten Arzneimitteln.