Nahrungsergänzungsmittel (NEM) werden meist als völlig unbedenklich eingeschätzt. Wie sollten Vitamine, Eiweiß, Kohlenhydrate oder Mineralstoffe zu Verstößen gegen die Anti-Doping Bestimmungen führen?
Leider kann das ein Irrtum sein. Ausgefeilte Marketingkonzepte und Werbekampagnen suggerieren, dass gesunde Ernährung, Leistungsfähigkeit in Beruf und Alltag oder Erfolge im Sport nur noch mit NEM möglich sind. Mundpropaganda zu „Geheimtipps“, die oft am aktivsten von Personen betrieben wird, die die Produkte selbst vertreiben, tut ihr Übriges dazu.
Tatsächlich erfüllen nicht alle Präparate die durch Werbebotschaften geweckten Erwartungen. Manche Produkte können sogar gesundheitsschädlich sein, im Leistungs- und Spitzensport sorgen verunreinigte NEM immer wieder für böse Überraschungen durch „positive“ Ergebnisse bei Dopingkontrollen. Immer wieder kommt es auch zu unabsichtlichen Verunreinigungen der Produkte (z.B. durch Rohstoffe oder durch die maschinelle Bearbeitung). Für ein positives Analyseergebnisse reichen bereits kleinste Mengen verbotener Substanzen (z.B. 0,2 ng/mL „Clenbuterol“), da die Dopingkontrollanalytik sehr empfindlich ist.
Mehrere unabhängige Studien der letzten 15 Jahre zeigen, dass bei bestimmten NEM-Produktgruppen bis zu 58 Prozent der Präparate im Sport verbotene Substanzen enthalten haben (Walpurgis et al, 2020; Helle et al, 2019; Martinez-Sanz et al, 2017). Jedes Jahr werden weltweit zahlreiche Sportler:innen aufgrund von verunreinigten NEM positiv getestet. Auch in Österreich gibt es pro Jahr durchschnittlich 2-3 Dopingfälle, die darauf zurückgeführt werden.
Vorsatz und Fahrlässigkeit im Anti-Doping Verfahren
Gemäß den Anti-Doping Bestimmungen sind alle Sportler:innen selbst dafür verantwortlich, was in ihren Dopingproben gefunden wird („Strict liability“). Sollte ein Anti-Doping Verfahren (z.B. „positive“ Dopingkontrolle) in Zusammenhang mit einem NEM eingeleitet werden, so ist die Frage nach dem Vorsatz und der Grad der Fahrlässigkeit von zentraler Bedeutung. Je nach individueller Sachlage erstreckt sich der Sanktionsrahmen von einer Verwarnung bis zu einer Sperre von 4 Jahren.
3-Schritte-NEM-Risikomanagement
Die NADA Austria rät aus all diesen Gründen zur besonderen Vorsicht bei der Verwendung von NEM und empfiehlt ein 3-Schritte-NEM-Risikomanagement unbedingt zu befolgen.
Sportorganisationen und Verbänden rät die NADA Austria, ihren Sportler:innen ausschließlich getestete Produkte zur Verfügung zu stellen bzw. auch im Rahmen von Marketing- und Sponsoringpartnerschaften darauf zu achten.
Quellen:
Helle, C., Sommer, A. K., Syversen, P. V., & Lauritzen, F. (2019). Doping substances in dietary supplements. Dopingmidler i kosttilskudd. Tidsskrift for den Norske laegeforening : tidsskrift for praktisk medicin, ny raekke, 139(4), 10.4045/tidsskr.18.0502. https://doi.org/10.4045/tidsskr.18.0502
Martínez-Sanz, J. M., Sospedra, I., Ortiz, C. M., Baladía, E., Gil-Izquierdo, A., & Ortiz-Moncada, R. (2017). Intended or Unintended Doping? A Review of the Presence of Doping Substances in Dietary Supplements Used in Sports. Nutrients, 9(10), 1093. https://doi.org/10.3390/nu9101093
Walpurgis, K.; Thomas, A.; Geyer, H.; Mareck, U.; Thevis, M. Dietary Supplement and Food Contaminations and Their Implications for Doping Controls. Foods 2020, 9, 1012. https://doi.org/10.3390/foods9081012